Florian Kläs hat 2011 als Chemikant bei Boehringer Ingelheim angefangen. Hier gibt er Einblicke in seinen Arbeitsalltag und schildert, was ihm bei der Führung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtig ist.
„Chemie hat mich schon immer interessiert. Für den Chemikantenberuf habe ich mich entschieden, weil ich auch körperlich arbeiten wollte. Jetzt habe ich eine gute Mischung aus Büroarbeit und Anpacken.“
Herr Kläs, was sind Ihre Aufgaben als Schichtführer?
Zusammen mit anderen Schichtführern leite ich die Produktion und bin für zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich; ich koordiniere und verteile Aufgaben. Außerdem muss ich viel dokumentieren, aber damit habe ich kein Problem; Excel zum Beispiel macht mir Spaß.
Was ist Ihnen im Umgang mit Ihren Mitarbeitern wichtig?
Ich versuche, offen, ehrlich und vor allem auf Augenhöhe zu kommunizieren. Es kann immer mal passieren, das etwas nicht so läuft, wie es soll. Das spreche ich freundlich an, so fühlen sich alle wohl und bleiben entspannt. Außerdem gebe ich sehr oft Feedback – Positives und Verbesserungsmöglichkeiten. Das schätzen meine Mitarbeiter. Jemand hat mir vor Kurzem gesagt, dass er sich in meiner Gruppe sehr wohl fühlt. Darüber habe ich mich riesig gefreut.
Wer mal nicht so fit ist, sich zum Beispiel verhoben hat oder verschnupft ist, bekommt möglichst nur leichte Arbeiten. Manchmal machen sich die Mitarbeiter selbst zu viel Druck. Sie wollen alles perfekt erledigen und am liebsten alles gleichzeitig. So konzentrieren sie sich aber weniger auf den einzelnen Schritt. Ich sehe das und sage dann: „Trink mal einen Kaffee, ich übernehm’ deine Anlage“.
Egal ob es darum geht, den Boden zu reinigen oder eine Anlage mitzubetreuen, für mich ist es selbstverständlich, meine Hilfe anzubieten, wenn es in meinen Zeitrahmen passt. Bevor ich Schichtführer war, war ich selbst Chemikant und weiß, wie gut es sich anfühlt, wenn man Unterstützung bekommt.
Ihr Bereich ist ein Launch-Betrieb. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?
Wir haben einerseits Standardprodukte, die wir regelmäßig produzieren. Bei diesen altbekannten Wirkstoffen kennen wir die Knackpunkte schon und arbeiten ab. Keine Überraschung, kein Risiko – Komfortzone sozusagen.
Daneben produzieren wir immer wieder auch neue Wirkstoffe. Sie werden im Labor und dann im Technikum in kleinen Mengen hergestellt. Dann testen wir in der Zwischenstufe die Rezepte im großen Maßstab – in 5.000-Liter-Kesseln. Oft sind Laborleute und Chemiemeister dabei, um das Geschehen zu beobachten und den Prozess zu perfektionieren.
Gibt es auch mal Überraschungen?
Durchaus. Bei bestimmten Dosierungen sind die Exothermien deutlich ausgeprägt. Das ist immer ein kleiner Nervenkitzel.
Ein anderes Beispiel: Bei der Produktion einer Vorstufe zu einem Anti-Diabetes-Wirkstoff hatten wir vor Jahren eine Abweichung. Im Kessel hatte sich ein Kloß gebildet, bestimmt einen halben Meter auf einen halben Meter groß. Der Kloß ist dann wie ein Flummi immer wieder an den Wänden des Behälters abgeprallt. Meine Führungskraft hat sich damals natürlich weniger gefreut, aber ich fand es sehr spannend. Die Chemiemeister konnten die Ursache zum Glück beheben. Damit haben wir unsere Kenntnis über den Prozess weiter ausgebaut.
Wieso sind Sie eigentlich Chemikant geworden?
Chemie hat mich schon immer interessiert. Für den Chemikantenberuf habe ich mich entschieden, weil ich auch körperlich arbeiten wollte. Jetzt habe ich eine gute Mischung aus Büroarbeit und Anpacken.
Sie haben Ihre Ausbildung bei einem anderen Unternehmen gemacht. Wie sind Sie zu Boehringer Ingelheim gekommen?
Ich hatte gerade meine Ausbildung abgeschlossen. Einige meiner Freunde haben damals schon hier gearbeitet. Sie haben von der tollen Kantine, dem guten Arbeitsklima und natürlich der Bezahlung geschwärmt.
Ich war außerdem sehr positiv überrascht, dass die alten Anlagen stetig saniert oder ausgetauscht werden. Moderne Anlagen nehmen einem viel Arbeit ab; wir haben zum Beispiel Fasshebevorrichtungen – ein Fass kann schon mal bis zu 70 Kilo wiegen.
Sauberkeit und Arbeitssicherheit waren auch noch ausschlaggebend. Unsere strengen Vorgaben werden zwar manchmal ein bisschen belächelt, aber sie schützen uns. In meinem früheren Betrieb wurde nach dem Motto gearbeitet: „Regeln sind zum Brechen da“. Das ist hier bei Boehringer Ingelheim undenkbar.
Wie kommen Sie mit dem Schichtsystem zurecht?
Wenn ich einen Ausgleich habe, macht mir die Schichtarbeit nicht so viel aus. Ich fahre zum Beispiel Rad oder gehe joggen.
Kollegen mit Kindern kommt die Schichtarbeit sogar entgegen. Zum Beispiel können sie unter der Woche mal mit ihren Kindern zum Arzt gehen, sie in den Kindergarten bringen und vieles mehr.
Boehringer Ingelheim ist ein großes Unternehmen mit über 53.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit – hat das Vorteile für Sie?
Es hat einen gewissen Stellenwert, bei Boehringer Ingelheim zu arbeiten. Alle wissen, dass man hier gutes Geld verdient und dass die Sozialleistungen einfach top sind.
Die Unternehmensgröße ist für mich auch eine Absicherung für die Zukunft. Wenn ich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Produktion arbeiten könnte, würde ich wahrscheinlich ein Angebot für eine andere Stelle bekommen. Wir sind ja ein Familienunternehmen und um die Familie kümmert man sich – dieser Gedanke ist hier überall spürbar.
Ein weiteres Beispiel dafür: Zwei bis dreimal im Jahr unternehmen wir etwas gemeinsam mit dem ganzen Team, das Unternehmen übernimmt die Kosten. Familie eben. Wir entscheiden gemeinsam, was wir machen wollen – bowlen, essen gehen (oder beides) und vieles mehr.
Vielen Dank, Herr Kläs, für das interessante Gespräch.